Eigentlich ist Ende März/April alljährlich die Zeit, in der die regelmäßig saisonal schimmelgeplagten Haushalte aufatmen. Die Tage werden endlich merklich heller, länger und wärmer und sobald die Sonne scheint, lockt es die Menschen nach draußen. Damit reduziert sich nicht nur die Wirkung der in den betroffenen Wohnungen bekannten, kalten Ecken, in denen der Schimmel nur allzu gerne sprießt, es sinkt auch die Feuchtelast in den Wohnungen durch verkürzte Aufenthaltszeiten. Kurz: Die warme Jahreszeit ist in Sicht und eine weitere Schimmelsaison geht allmählich zu Ende.
Aufgrund der wegen COVID-19 verhängten aktuellen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen halten sich derzeit aber viele Menschen zwangsweise hauptsächlich in den Wohnräumen auf. Dies stellt viele Haushalte vor eine bekannte, aber um vielfaches gesteigerte Herausforderung: ein feuchtes Raumklima bzw. feuchte Wände. Durch Atmung, Transpiration, Duschen, Baden, Kochen, Waschen, Haustiere und Zimmerpflanzen erhöht sich die Luftfeuchtigkeit in geschlossenen Räumen. Die erhöhte Luftfeuchtigkeit bietet insbesondere in unsachgemäß modernisierten Bestandsgebäuden ein gutes Klima für Schimmelbefall an kalten Außenwänden, der wiederum mit Atemwegserkrankungen, Allergien und Hautkrankheiten in Zusammenhang gebracht wird. Das Problem ist altbekannt, erhält aber insbesondere jetzt, wenn sich viele Menschen überwiegend in den eigenen vier Wänden aufhalten, eine vergrößerte Bedeutung. Insofern ist neben all den positiven Nebenwirkungen, wie der in den letzten Tagen soviel gelobten Reduktion der Schadstoffemissionen, eine Verlängerung der saisonalen Schimmelproblematik ein weiterer Nebeneffekt von Maßnahmen wie Homeoffice, Quarantäne, #wirbleibenzuhause und Co.
Generell ist ein regelmäßiger Luftwechsel zum Abtransport der in Wohn- und Schlafräumen entstehenden Feuchtigkeit notwendig, um Schimmelbildung zu verhindern. Ein Mindestluftwechsel sollte dabei nutzerunabhängig erfolgen und sollte durch lüftungstechnische Maßnahmen (z.B. Lüftungsöffnungen, -Schächte, Fensterfalzlüfter oder auch eine Lüftungsanlage) baulich gewährleistet werden. Durch eine ungünstige Lage und Ausrichtung der Immobilie und Modernisierungsmaßnahmen wie z. B. neue Fenster, ein geändertes Heizungssystem oder unsachgemäße Abdichtungsmaßnahmen gegen Zugluft kann in vielen alten Gebäuden ein solcher Luftwechsel nutzerunabhängig aber nicht mehr ausreichend stattfinden. Die Folge: Schimmelbefall im Bad, an Fenstern, kalten Wänden, Ecken und Nischen, sogenannten Wärmebrücken oder aber auch hinter Bildern und Möbeln, wenn die Nutzer dem nicht durch vermehrtes Lüften entgegenwirken.
Ob in Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus eine erhöhte Schimmelgefahr aufgrund von Baumängeln oder unpassenden Modernisierungsmaßnahmen vorliegt, und wie diese zu beheben ist, lässt sich am besten im Rahmen einer Begutachtung vor Ort durch eine/n Sachverständige/n abklären.
Unabhängig davon können Sie die Schimmelbildung aber nun während der Kontaktsperre (und natürlich auch darüber hinaus) durch optimiertes Heiz- und Lüftungsverhalten proaktiv eindämmen oder sogar ganz vermeiden!
Maßnahme 1: Lüften, lüften, lüften!
Die beste Maßnahme zum Abtransport der Feuchtigkeit ist regelmäßiges Stoßlüften. Dabei sollte wenn möglich quergelüftet werden (Durchzug erreichen!), und zwar im Idealfall alle 2-3 Stunden mit weit geöffneten Fenstern (und ggf. Balkon- und Gartentüren). Richtig gelesen! In meinem Arbeitsalltag begegnet mir regelmäßig die Behauptung, dass 2-3 Mal Lüften am Tag doch reichen müsse. Diese Überzeugung hat sich in vielen Köpfen überaus hartnäckig festgesetzt. Doch woher kommt diese Zahl? Sie stammt aus dem einen oder anderen Gerichtsurteil über Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern, das gefühlt an jeder passenden oder auch unpassenden Stelle gerne zitiert wird. Wer sich die Mühe macht, die Urteile einmal in Ruhe nachzulesen, stellt fest, dass sich diese Angabe in der Regel darauf bezieht, wie häufig es einem Vollzeit berufstätigen Mieter zuzumuten ist, in seiner Wohnung das Fenster zu öffnen. Es geht demnach durchweg um Wohnungen, die tendenziell weniger intensiv genutzt werden, weil die Bewohner aufgrund von Arbeitszeit und -weg, Freizeitgestaltung und täglicher Erledigungen die meiste Zeit des Tages gar nicht zuhause sind. Sucht man nach Urteilen, die sich auf intensiver genutzte Wohnungen beziehen, in denen beispielsweise in einer Familie ein Elternteil zuhause bleibt, ist nach gängiger Rechtsprechung durchaus auch häufigeres Lüften bis zu fünf mal täglich zumutbar.
Dabei ist auch ein solcher Zustand wahrscheinlich immer noch nicht vergleichbar mit der Nutzung, die vielleicht auch Ihre Wohnung aufgrund des Appells #wirbleibenzuhause derzeit erlebt. Scheuen Sie sich deshalb bitte nicht im Zweifel doch öfter zu lüften, als Sie es gewohnt sind.
Hinweis: Dies gilt auch und ganz besonders, wenn Sie, wie so viele dieser Tage, die Zwangspause nutzen, um Ihre Wohnung zu renovieren oder einen intensiven Frühjahrsputz starten. Die hierdurch zusätzlich eingebrachte Feuchtigkeit muss rausgelüftet werden.
Gelüftet werden sollte jeweils nur genau solange, bis die Raumluft ausgetauscht ist. Die Wände sollen nicht auskühlen (ausgekühlte Wände verbrauchen beim Wiederaufheizen die meiste Energie). Wichtig: Ein gekipptes Fenster ist nicht ausreichend, um den notwendigen Luftwechsel zu erzielen. Hierdurch verlieren Sie nur unnötig Heizenergie.
Expertentipp: Entgegen landläufiger Meinung ist Lüften nicht nur bei schönem Wetter sinnvoll. Auch bei hoher Luftfeuchtigkeit außen oder sogar Regen können Sie sinnvoll lüften! Denn solange die Raumtemperatur deutlich über der Außentemperatur liegt, ist die absolute Luftfeuchte innen ganz sicher höher als draußen. Da warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann als kalte, ist die erwärmte Außenluft fast immer trockener als die verbrauchte Luft in Ihren eigenen vier Wänden.
Bei den gerade diese Woche insbesondere nachts sehr kalten Außentemperaturen um den Gefrierpunkt lassen sich Wohnungen, Gewerberäume und sogar Keller ganz wunderbar trocken lüften.
Maßnahme 2: Richtig heizen
Heizkosten sparen – das senkt nicht nur die Nebenkosten, sondern schützt auch unser Klima. Als Energieberaterin ist mir beides ein wichtiges Anliegen. Jedoch kann ich Ihnen nur ans Herz legen: sparen Sie bitte nicht am falschen Ende! Sanierungen wegen Schimmelbefall sind teuer und aufwändig. Und unzureichende Temperaturen in Wohn- und Schlafräumen sind eine (Teil-)Ursache für Schimmelpilzbildung. Erschwerend kommt hinzu, dass in einem Wohnzimmer, in dem es kalt ist, nur höchst ungern gelüftet wird. Heizen Sie daher clever und vor allem konstant! Vermeiden Sie Energieverluste durch gekippte Fenster oder ständiges Aufheizen und Auskühlen. Am geschicktesten ist es, eine möglichst gleichmäßige Wohntemperatur, mit Wohlfühlwärme am Tag und nur leichter Absenkung in der Nacht, herzustellen. Beachten Sie, dass die Heizkörper und insbesondere die Thermostatventile möglichst frei sein sollten, also nicht z.B. hinter schweren Vorhängen oder Polstermöbeln versteckt sind. Wenn Sie einen Temperaturunterschied in Ihrer Wohnung wünschen (z.B. kälteres Schlafzimmer), achten Sie darauf, die Tür dieses Zimmers geschlossen zu halten. Damit nicht andere Räume Ihr Schlafzimmer mitheizen. Achten Sie auch insbesondere bei Temperaturgefällen in Ihrer Wohnung verstärkt auf häufiges Lüften!
Fazit:
Auch wenn diese Maßnahmen mit etwas Disziplin verbunden sind, kann ich Ihnen nur raten, sie dringend beizubehalten, damit Sie nicht noch mit weiteren langfristigen Folgeerscheinungen der häuslichen Quarantäne zu kämpfen haben. Wenn Sie jeweils nur sehr kurz lüften, werden Sie keine Einbußen im Wohnkomfort haben, werden aber mit trockener Luft und weniger Schimmel belohnt und nebenbei benötigt trockene Luft auch weniger Heizenergie. Messen Sie zusätzlich die Luftfeuchtigkeit in Ihrer Wohnung. Hygrometer und unterstützende Apps sind mitunter hilfreiche Tools. Kontaktieren Sie mich gern, wenn sie darüber hinaus Beratungsbedarf haben, oder schauen Sie sich in meiner virtuellen Schimmelbutze (schimmelbutze.de) genauer um. Hier erfahren Sie mehr über die häufigsten Schimmelschäden sowie Vorsorge und Abhilfemaßnahmen. Passende Energiespartipps, die sofort wirken, finden Sie in diesem Artikel: 24 leicht umzusetzende Energiespartipps, die sofort greifen (Teil 3)
Und – bleiben Sie gesund!
Schöner Beitrag. heizen und Lüften sind halt immer noch die Besten Maßnahmen zur Schimmelvorsorge
Die Mischung aus Lüften und Heizen in einem kalten Keller ist gar nicht so einfach. Da kommt es schnell zu Schimmelbildung.